📊 Artikel-Metadaten
- Artikel-Typ: Best Practice
- Erfahrungslevel: 🚀🚀 Expertise
🤔 Das Problem
Stellen Sie sich vor: Ihr Team arbeitet hochmotiviert an einem Projekt, der Kunde ist zufrieden, die Stimmung ist gut – und trotzdem machen Sie Verlust. Wie kann das sein? Die Antwort liegt oft im fehlenden oder falsch kalkulierten internen Stundensatz.
Viele Unternehmer wissen, was sie ihren Kunden berechnen – aber nicht, was eine Arbeitsstunde ihr Unternehmen wirklich kostet. Sie unterschätzen Ihre wahren Kosten und treffen dadurch falsche Entscheidungen bei der Projektannahme, Preisgestaltung und Ressourcenplanung.
💡 Die Lösung
Der interne Stundensatz ist wie das Fundament eines Hauses: Stimmt er nicht, kann das ganze Geschäft zusammenbrechen. Er zeigt Ihnen die echten Kosten einer Arbeitsstunde – inklusive aller versteckten Kosten wie Urlaub, Krankheit, Büro und Verwaltung.
Mit diesem Wissen können Sie:
- Fundierte Entscheidungen über Projektannahmen treffen
- Realistische Preise kalkulieren
- Die wahre Profitabilität Ihrer Projekte bewerten
- Ressourcen optimal einsetzen
🔄 Praktische Anwendung
Die Grundlagen: Welche Fragen müssen vorab geklärt werden?
- WER wird in die Berechnung einbezogen?
- Werden alle Mitarbeiter einzeln kalkuliert oder gibt es Gruppen?
- Wie behandeln Sie Geschäftsführung und Management?
- Option A: Kosten werden auf alle produktiven Mitarbeiter umgelegt
- Option B: Management erhält eigenen internen Stundensatz und bucht selbst Zeiten
- Was ist mit Azubis und Praktikanten?
- Wie gehen Sie mit Freelancern um?
Die Personalfrage:
- WIE wird die Produktivität gemessen?
- Haben Sie eine funktionierende Zeiterfassung?
- Wissen Sie, wie viele Stunden wirklich produktiv sind?
- Kennen Sie die durchschnittlichen Krankheitstage in Ihrem Unternehmen?
- Sind alle Abwesenheiten (Urlaub, Weiterbildung, Meetings) erfasst?
Die Zeiterfassung:
- WAS gehört zu den Kosten?
- Nur Gehälter oder auch Nebenkosten?
- Werden Arbeitsplatzkosten eingerechnet?
- Wie verteilen Sie Overhead-Kosten?
- Berücksichtigen Sie Investitionen Rücklagen und/oder kalkulatorische Kosten?
Die Kostenbasis:
Die drei Varianten des internen Stundensatzes
❌ Variante 1: Nur die harten Fakten (NICHT empfohlen!)
Diese Variante berücksichtigt nur die direkten Mitarbeiterkosten:
Kostenart | Betrag/Monat | Erklärung |
Bruttogehalt | 3.000 € | Das Grundgehalt |
Arbeitgeberanteil | ~600 € | Sozialversicherung (~20%) |
Urlaub/Krankheit | ~500 € | Bezahlte Abwesenheiten |
Summe | 4.100 € | Reine Personalkosten |
Interner Stundensatz bei 120 produktiven Stunden: 34,17 €/h
⚠️ Warum nicht empfehlenswert?
- Ignoriert alle Betriebskosten
- Sehr riskant für die Preiskalkulation
- Führt zu Verlusten, selbst wenn Projekte "profitabel" aussehen
Aber: Diese Zahl ist trotzdem gut zu wissen als absolute Untergrenze!
⚡ Variante 2: Inklusive Fixkosten (Das Minimum)
Hier rechnen Sie die anteiligen Fixkosten mit ein:
Kostenart | Betrag/Monat | Erklärung |
Variante 1 Kosten | 4.100 € | Reine Personalkosten |
Arbeitsplatz | ~300 € | Miete, Strom, Internet |
Software/Tools | ~150 € | Lizenzen, Abos |
Verwaltung | ~250 € | Anteilige Bürokosten |
Versicherungen | ~100 € | Berufshaftpflicht etc. |
Summe | 4.900 € | Mit Fixkosten |
Interner Stundensatz bei 120 produktiven Stunden: 40,83 €/h
💡 Das ist schon realistischer, aber immer noch nicht optimal!
✅ Variante 3: Inklusive Investitionen und Rendite (EMPFOHLEN!)
Die professionelle Variante berücksichtigt ALLES:
Kostenart | Betrag/Monat | Erklärung |
Variante 2 Kosten | 4.900 € | Personal + Fixkosten |
Rücklagen | ~400 € | Für Investitionen, Krisen |
Gewinnzuschlag | ~500 € | Mindestrendite 10% |
Wagnis | ~200 € | Ausfallrisiko, Reklamationen |
Summe | 6.000 € | Vollkostenrechnung |
Interner Stundensatz bei 120 produktiven Stunden: 50,00 €/h
🎯 Warum ist das die beste Variante?
- Wenn ein Projekt intern auf "0" steht, haben Sie Ihr Minimum-Ziel erreicht
- Sie erwirtschaften eine angemessene Rendite
- Rücklagen für Wachstum und Krisen sind einkalkuliert
- Nachhaltige Unternehmensführung wird möglich
Produktivitätsfaktoren: Wer kann wie viel abrechnen?
Niemand kann 100% seiner Zeit abrechnen. Jeder hält mal ein Schwätzchen, organisiert seine E-Mails oder sitzt in internen Meetings. Die Produktivitätsfaktoren helfen, realistische Werte zu ermitteln:
Mitarbeitertyp | Produktivitätsfaktor | Begründung |
Administrative Mitarbeiter | 0,0 | Keine abrechenbaren Stunden |
Geschäftsführung | 0,3-0,5 | Viel Strategie und Verwaltung |
Mitarbeiter mit Personalverantwortung | 0,70 | 30% für Führungsaufgaben |
Mitarbeiter mit Projektverantwortung | 0,80 | 20% für Koordination |
Reine Projektmitarbeiter | 0,90 | 10% für Admin/Organisation |
Die Akquise-Frage: Wie gehen Sie mit nicht abrechenbaren Stunden um?
Drei Möglichkeiten für Akquise-Zeiten:
- Akquise reduziert die produktiven Stunden
- 160h verfügbar - 20h Akquise = 140h produktiv
- Interner Stundensatz steigt entsprechend
- Ehrlich, aber führt zu höheren Preisen
- Akquise als Overhead-Zuschlag
- Schätzung: 10% aller Stunden sind Akquise
- Wird als Zuschlag auf alle Projekte verteilt
- Einfacher, aber ungenauer
- Differenziert nach Mitarbeitertyp
- Vertrieb: 50% Akquise → Faktor 0,5
- Projektleiter: 20% Akquise → Faktor 0,8
- Entwickler: 5% Akquise → Faktor 0,95
Empfehlung: Kombinieren Sie die Ansätze - Basis-Akquise als Overhead, projektspezifische Akquise dem Projekt zuordnen.
Die drei Preisspalten verstehen: Intern, Extern, Kunde

Wichtiger Hinweis: Externe Kosten sollte IMMER höher sein als interne Kosten! Auf jeden Freelancer-Stundensatz kommen 5-10% Administrationspauschale für Onboarding, Verwaltung und Koordination.
🛡 Schulung und Kontrolle
Wer muss die internen Stundensätze kennen?
Zielgruppe | Warum? | Schulungsinhalt |
Geschäftsführung | Trifft strategische Entscheidungen | Alle Details und Zusammenhänge |
Projektleiter | Kalkuliert Angebote | Min/Max-Sätze, Verhandlungsspielraum |
Vertrieb | Führt Preisverhandlungen | Minimumgrenzen, Rabattspielräume |
Controlling | Überwacht Profitabilität | Berechnungsmethodik, Aktualisierung |
Jährliche Überprüfung - Ihre Checkliste
✅ Sind die Gehälter noch aktuell?
✅ Haben sich die Sozialversicherungsbeiträge geändert?
✅ Stimmen die Produktivitätsfaktoren noch?
✅ Sind neue Kostenstellen dazugekommen?
✅ Haben sich die Marktpreise verändert?
✅ Müssen die Gewinnziele angepasst werden?